Wende Punkte TdA Stendal

Am Donnerstagabend war es endlich so weit. Im Garten der Stendaler Musik- und Kunstschule fand die Premiere der szenischen Lesung „Wende.Punkte“ statt. Darauf mussten Regisseur Jochen Gehle und der Club der Experten des Theaters der Altmark lange warten. Ursprünglich sollte die Premiere im April 2020 anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der friedlichen Revolution und Wiedervereinigung gezeigt werden. Doch wie bei so vielen anderen Veranstaltungen machte die Corona-Pandemie auch diese Premiere zu Nichte. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben und im idyllischen Garten unweit der eigentlichen Spielstätte, dem Theater, begeisterten die Experten mit Wortwitz, Stimmenimitationen und vor allem mit persönlichen Erfahrungen, die ihr Leben veränderten. Mit dem Traum das eigene Land selbst zu verändern, begannen die friedlichen Demonstrationen. Doch dieser Traum war mit der Realität der neuen Marktwirtschaft im Land schnell ausgeträumt. Der anfänglichen Euphorie folgte das langwierige, äußerst komplizierte Verfahren der ökonomischen Vereinigung, welches auch 30 Jahre später noch nicht abgeschlossen ist. Während im Westen das alltägliche Zusammenleben wie gewohnt weiterlief, änderten sich im Osten die Lebensumstände in gewaltigem Maße. Im Zuge eines rasch vorangetriebenen Strukturwandels hin zur postindustriellen Gesellschaft kam es zu Massenarbeitslosigkeit und Massenabwanderung. Viele Menschen fanden sich in einem neuen Land wieder, in dem ihre bisherigen Biografien keine Rolle mehr spielten. So hatten die Ereignisse von 1989 sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Bevölkerung in Ost und West. Vor dem Hintergrund einer sich stetig zuspitzenden Debatte um Integration und Migration sowie am Erfolg rechtspopulistischer Parteien in den ostdeutschen Bundesländern zeigt sich, dass auch in Fragen der Bewertung gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen 30 Jahre nach der Wende große Differenzen zwischen den beiden ehemaligen deutschen Staaten bestehen, so das Resümee der Akteure. Unterstützt wird der Club der Experten von Claudia Tost und Ole Xylander aus dem Ensemble. Die Entwicklung des Stücks war im Jahr 2019 Teil des Projektes „Aufruhr – Aufbruch – Alltag: Stendal 1989 und heute“. Die Freiwilligen-Agentur Altmark war seinerzeit Projektpartnerin des Theaters. Im Rahmen eines Geschichtencafés in der Kleinen Markthalle konnten wir uns davon überzeugen, mit wie viel Herzblut die Akteurinnen und Akteure in ihre persönlichen Erfahrungen mit Wende und Wiedervereinigung eingetaucht sind, heißt es von der Freiwilligen Agentur Altmark.